Vom Busfahren

am

S. und ich sind müde. Es ist lange her, dass ich Übernachtungsbesuch hatte. Natürlich sind wir nicht pünktlich ins Bett gegangen. Stattdessen haben wir gekocht, gequatscht und unsere Taschen aus-, ein- und umgepackt. Jetzt stehen wir müde in der Subte, schwere Rücksäcke auf dem Rücken. Es ist ruhig an Argentiniens Nationalfeiertag. Auch am Retiro scheinen die Straßenverkäufer noch nicht alle da zu sein, wir sehen A. sofort. Zu dritt warten wir auf den Rest unserer kleinen Reisegruppe, beobachten die Straßenhunde, freuen uns auf den Trip quer durchs Land.

Im ersten Bus werden wir getrennt. F. und L. sitzen unten; ich oben ganz hinten. A. und S. werden sich in den nächsten Stunden in der ersten Reihe gut kennen lernen. 25 Stunden lang fahren wir durch Argentinien gen Norden, 1600 km durch die verschiedensten Landschaften. Es gibt Essen.

„Ein Viertel meines Gepäcks besteht aus Essen“, hat L. am Retiro gesagt.

Meins auch.

Gut für uns Vegetarier.

Es laufen Filme, die zahlreichen Kinder an Board schreien, heulen und krabbeln mit Lollies und Bonbons durch den Bus. In einem kleinen Kühlfach steht Limonade, dazu gibt es Zuckerkaffee. Wir wechseln zwischen Schlafen, Lesen und Gesprächen. Dann wird es Nacht und der Bus schläft ein, bis er sich am nächsten Morgen durch die Quebrada von Humahuaca schlängelt.

Ein Anblick, den der nächste Bus weiter Richtung Salta einen Tag später nicht zu bieten hat. Stattdessen laufen billige Action-Filme, die F. und ich schlechter ignorieren können als L., die hinter uns sitzt und liest. Am Ende überleben alle, es wird geheiratet, noch einmal viel geschossen. Wir verlassen den dreckigen Bus in Salta, glücklich dass diese Fahrt deutlich kürzer war.

Im Nachtbus nach Córdoba locken breite Sitze. Allerdings existiert die Klasse, für die A.,S. und ich draufzahlen mussten, nicht. Aber Bonbons und Decken. Es läuft Das Leben ist schön, den wir uns tatsächlich alle anschauen. Es gibt Kaffee und Zucker. Oder Zucker und Kaffee. L. und ich sind wieder froh, genug zu essen eingepackt zu haben. Nach der Ankunft in Córdoba bekommen A., S. und ich nach einer langen Odyssee durch den ZOB wenigstens einen Teil des Aufpreises zurück. Dann wartet der nächste Bus auf uns. Zwei Stunden weiter durch die Berge, vorbei an glitzernden Seen bis in ein Deutschlandbild, das der Europapark nicht besser hätte basteln können.

Zurück nach Buenos Aires geht es eine Woche später wieder über Nacht. Nur A., L. und ich sind übrig. F. ist nach Mendoza unterwegs, anstatt nach Hause zu fahren, und S. fährt direkt nach Montevideo. Die anderen fehlen mir, aber ich genieße den Vergleich von Aldi-Nord und Aldi-Süd, den wir bei einer Packung Erdnüsse anstellen. Nachts um 4 steigen wir mitten auf der Autobahn in einen anderen Bus. Dann taucht Retiro vor uns auf, der dreckig-grüne Busbahnhof von Buenos Aires, an dem wir unsere Reise vor einer gefühlten Ewigkeit begonnen haben. Jetzt trenne ich mich auch von A. und L. Es geht zurück in den argentinischen Alltag. Wieder Subte statt Fernbus.

Hinterlasse einen Kommentar